Die Navigation ist eines der Interessengebiete, das mich schon immer besonders fasziniert hat. Aus diesem Grunde hat sich in den vergangenen zwanzig Jahren in meiner Bibliothek ein beachtlicher Stamm von Büchern, Karten und Zeitschriften über die Kunst der Navigation und deren verwandte Gebiete angesammelt. Als Privatpilot habe ich die bei einem Überlandflug geforderte Pflicht der navigatorischen Flugvorbereitung niemals als lästig empfunden, sondern mit Spaß und Interesse durchgeführt. Bei einigen Motorseglerwettbewerben habe ich als Navigator zusammen mit einem meiner Vereinskameraden die kleinnavigatorischen Aufgaben immer recht gut gelöst, so dass wir meist einen sehr guten Wertungsplatz erzielten.
Ich glaube von mir sagen zu können, dass ich in dieser Beziehung sehr verantwortungsbewusst bin. Alle verfügbaren Hilfsmittel zur Durchführung eines sicheren Fluges habe ich immer voll ausgeschöpft. Auch wenn ich als Sichtflieger an die VMC-Bedingungen (VMC = Visual Meteorological Conditions) der allgemeinen Luftfahrt gebunden bin und dafür eine Karte, eine Uhr und ein Kompass ausreichend sein sollten, ist ein VOR-Empfänger (VOR = Very High Frequency Omnidirectional Radio Range = UKW - Drehfunkfeuer) als eines der am weitesten verbreiteten Funknavigationsgeräte für die allgemeine Luftfahrt schon seit vielen Jahren mein ständiger Begleiter bei meinen Überlandflügen. Ich benutze dieses Gerät selbst bei schönstem Wetter und bester Sicht (an die dabei grinsenden Gesichter meiner Vereinskameraden habe ich mich inzwischen gewöhnt) sehr oft, meist spielerisch, um in der Bedienung sicher zu bleiben. Die gewonnenen navigatorischen Daten vergleiche ich dann mit den durch die konventionellen Methoden ermittelten, um die Grenzen und Fehler zu studieren um dann, falls es die Situation doch einmal erfordern sollte, dieser Elektronik das erforderliche Vertrauen entgegenzubringen.
Bedingt durch meinen Beruf in Verbindung mit meinem Hobby hatte ich schon vor einigen Jahren damit begonnen, auf der Basis des VOR einen mikroprozessorgesteuerten Scanner zu entwickeln, der die nächstliegenden UKW-Drehfunkfeuer nacheinander abfragen, ihre Daten auswerten und somit eine automatische zweidimensionale Standortbestimmung durchführen sollte. Leider konnte ich dieses Projekt, dessen Durchführung ein nicht unerheblicher Aufwand an Hardwareentwicklung und Programmierung erforderlich gemacht hätte, nicht zu Ende bringen, da massive Zeitprobleme meinerseits und die rasante Weiterentwicklung der Funknavigation andererseits mir dazu keine Chance mehr ließen.
Mit der Einsicht, dass das GPS wohl das Navigationssystem der Zukunft werden wird (oder schon ist?), beschäftige ich mich jetzt bereits seit geraumer Zeit mit dieser neuen Art der Positionsbestimmung sehr intensiv. Und seit Anfang 1993 bin ich stolzer Besitzer eines dieser hoch entwickelten technischen Wunderwerke der Mikroelektronik, eines GPS-Navigators.
Wie kam es nun zu diesem Buch?
Um mein Basiswissen mal wieder gründlich aufzupolieren, grub ich zunächst alle meine zum Teil schon eingestaubten Bücher aus, in denen etwas über Navigation nachzulesen war. Ich besuchte mehrere Bibliotheken und Buchhandlungen, um über die moderne elektronisch unterstützte Art der Navigation das Neueste zu erfahren. Leider wurde ich hier nicht sehr fündig. In der Deutschen Fachliteratur klafft offensichtlich noch eine große Lücke.
Beim intensiven und gezielten Lesen der mir zugänglichen Fachzeitschriften und Magazinen der Elektronik und der Schiff- und Luftfahrt stieß ich immer wieder auf Artikel, die das Thema "Satellitennavigation" aufgriffen und über die vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten berichteten.
Auch die Funkamateure haben das Interesse an der Satellitennavigation entdeckt, was ein Vortrag über Radio-Amateur-Applikationen, der von Matjaz Vidmar (YT3MV) anlässlich der 37. Weinheimer UKW-Tagung im September 1992 (und 1993 gleich noch einmal) gehalten wurde, bestätigte. Dieses Interesse reicht bis zur Veröffentlichung einer Bauanleitung für den Eigenbau eines GPS-Empfängers [15], der jedoch weniger der Positionsbestimmung dienen, sondern die exakten Zeitinformationen der in jedem Navigationssatelliten eingebauten Atomuhr(en) dem Funkamateur zur Verfügung stellen soll.
Weitere für mich sehr interessante Informationsquellen waren (und sind) meine noch bestehenden Verbindungen zu ehemaligen Institutskollegen, hier besonders zu Dr. Jürgen Ostwald von der Firma Teldix in Heidelberg. Von ihm erhielt ich Adressen amerikanischer Verlage, Buchhandlungen und speziellen GPS-Organisationen (z.B. dem Institute of Navigation IOS in Alexandria, USA), die zu den Hauptlieferanten meines heutigen Wissens über Satelliten-Navigationssysteme wurden. Per FAX war ein Katalog des Navtech Book & Software Stores in Arlington (USA) schnell angefordert, so dass ich weitere Bücher ordern konnte, an die ich in Deutschland wohl nie oder zumindest nicht so schnell herangekommen wäre. Und dank den eingespielten "Lotsen" bei der Post fanden sie in angemessener Zeit sogar ohne GPS den Weg zu meiner Heimatadresse.
Nach dem Studium dieser mir nun zur Verfügung stehenden Literatur und durch den Besitz meines Garmin - GPS war ich jetzt in der Lage, mir selbst eine intensive praktische Ausbildung zu geben. Ich führte Wanderungen, Fahrten mit dem PKW und Flüge mit meinem Motorsegler durch und erstellte Genauigkeitsmessungen und Routenaufzeichnungen. Mit dem Motorsegler wiederholte ich einen Flug quer über die neuen Bundesländer, den ich gleich nach der Wende im Frühjahr 1991 vermutlich als erster Motorseglerpilot "aus dem Westen" mit meinem Flugkamerad und Kopilot Horst Münz vom Flugsportring Kraichgau e.V. in Sinsheim noch nach (teilweise falschen) Straßenkarten und mit einer Menge von Auflagen bis an die Ostsee und an die Oder schon einmal unternommen hatte, damals allerdings noch ohne GPS.
Während ich dieses Buch schrieb, sind die ersten beiden deutschsprachigen Ausgaben zum Thema Satellitennavigation am Markt erschienen [12] [13]. Der Schwerpunkt liegt bei beiden Büchern auf der Beratung für den Kauf eines GPS-Navigationsempfängers. Sehr ausführlich werden dort die zu der Zeit erhältlichen Geräte mit ihren wesentlichen technischen Daten beschrieben. Dies bewog mich, darauf weniger einzugehen, sondern mich mehr der navigatorischen und technischen Seite zu widmen. Getreu dem Motto, dass jede Formel in einem Buch die Zahl der Leser halbiert, habe ich auf solche gänzlich verzichtet und dafür lieber versucht, anschauliche Sätze zu formulieren und ausdrucksvolle Zeichnungen zu präsentieren. Ich hoffe, dass mir dies einigermaßen gelungen ist. Außerdem würde es mich freuen, wenn die in diesem Buch abgebildeten Luftaufnahmen von meinen Flügen über die ehemalige DDR, die vor wenigen Jahren noch undenkbar gewesen wären, bei Ihnen Gefallen finden würden.
Begonnen im April 1995